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Warum ist der Ausstieg so schwer

Trotz aller Gewalt und Prekarität stellt die Prostitution für die Frauen eine gewisse Sicherheit dar. Sie kennen das Milieu und haben gelernt, darin zu überleben. Auch Fremdbestimmung und Gewalt durch Zuhälter und Freier scheinen ihnen oft vertraut. Kostenlose Angebote sozialer Einrichtungen, z.B. Sprachkurse, werden zum Teil aus Unkenntnis über diese Möglichkeit nicht genutzt oder weil es ihnen von Zuhältern oder Bezugspersonen nicht gestattet wird. Ideen zur weiteren Lebensplanung außerhalb der Prostitution scheitern häufig am Einfluss des Umfeldes, an rechtlichen Rahmenbedingungen und an mangelnden Sprachkenntnissen und erschwertem Zugang zu Bildung. Zuflucht zu Alkohol und Drogen helfen die Prostitution zu ertragen, erschweren einen Ausstieg jedoch zusätzlich. Andererseits erzeugen jedoch soziale Stigmatisierung, ökonomische und gesundheitliche Probleme sowie schlechte Rahmenbedingungen Druck zum Ausstieg. Für SOLWODI ist es ein wichtiges Anliegen, Frauen und Mädchen in der Prostitution Möglichkeiten zum Ausstieg zu eröffnen. Neue Orientierung im Leben zu finden, Ziele zu erarbeiten, den gewohnten Lebensrhythmus zu verändern, gleichzeitig beeinträchtigende Lebenserfahrungen zu verarbeiten und ein neues soziales Umfeld aufzubauen benötigt eine kontinuierliche und professionelle Unterstützung. Die Hilfe muss langfristig und umfassend angelegt sein. Rückschläge gibt es immer wieder.

Heike Fischer

Ohne diese Unterstützung gelingt es den Frauen kaum, den Ausstieg aus der Prostitution zu schaffen. Formulare auszufüllen, mit Behörden zu telefonieren, Papiere und Belege zur Verfügung zu stellen sind Aufgaben, die für sie – auch wegen fehlender Deutschkenntnisse – Hürden darstellen. Kaum eine der Frauen hat tragfähige Kontakte außerhalb des Prostitutionsmilieus. Dazu kommt eventuell die Notwendigkeit eines Alkohol- und Drogenentzugs. Ausstiegswillige Frauen leiden unter akuten Existenzsorgen und sie verfügen über keinen eigenen Wohnraum, sie leben quasi in ihrem Arbeitsumfeld. Auch mangelt es an beruflichen Alternativen. Jahrelange Tätigkeit in den Abend- und Nachtstunden beeinträchtigt den gesamten Tagesrhythmus, der erst wieder neu erlernt werden muss. Einen Ausstieg aus der Prostitution im Sinne eines „einfachen Aufhörens“ gibt es daher nicht, sondern es ist ein langwieriger Prozess.

 

SOLWODI hat an mehreren Standorten spezialisierte Angebote entwickelt, um die notwendige intensive und nachhaltige Unterstützung leisten zu können. Ziel unserer Arbeit ist es, ausstiegssuchenden Frauen bei der Verarbeitung des Erlebten und bei der Durchsetzung ihrer Rechte Unterstützung zu geben, sie in den Prozessen der Stabilisierung und der Erarbeitung neuer Lebensperspektiven zu fördern. Das schließt neben Stabilisierungs- und Entlastungsgesprächen und der Begleitung zu Behörden, die Vermittlung von medizinischer, therapeutischer und juristischer Unterstützung sowie von Arbeits-, Sprach und Bildungsangeboten mit ein. Teilweise stehen Ausstiegswohnungen zur Verfügung, in denen die betroffenen Frauen zur Ruhe kommen und ein neues Leben planen können. Außerdem kann damit der Teufelskreis von „Ohne Wohnung kein Job und ohne Job keine Wohnung“ durchbrochen werden.

 

SOLWODI fordert von der Politik, mehr Ausstiegsangebote bereitzustellen und insbesondere die zeitintensive sozialpädagogische Arbeit besser zu finanzieren.

Bücher

Chronik_SOLWODI

30 Jahre SOLWODI Deutschland 1987 bis 2017 -

30 Jahre Solidarität mit Frauen in Not in Deutschland

 

Autorinnen: Sr. Dr. Lea Ackermann / Dr. Barbara Koelges / Sr. Annemarie Pitzl

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