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Was ist Menschenhandel?

Die Konvention gegen Menschenhandel des Europarats von 2005 definiert in Artikel 4 als Menschenhandel:

  • das Anwerben, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen
  • durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen
  • zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung.
Harms

Die Ausbeutung kann dabei unter anderem die folgenden Arten umfassen: die Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklaverei-ähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen. Entsprechend wird von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung, usw. gesprochen.

 

Der Europarat legt hier eine Definition des Menschenhandels zugrunde, die auf die Bedingungen der Ausbeutung und die damit verbundenen Hilfstätigkeiten wie beispielsweise den Transport oder die Unterbringung von Betroffenen fokussiert.

 

Ähnlich versteht das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) Menschenhandel in § 232: Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, d.h. auch hier stehen die Bedingungen, die eine Ausbeutung ermöglichen, im Vordergrund.

 

Das Strafgesetzbuch kennt den Menschenhandel zum Zweck

  • der sexuellen Ausbeutung
  • der Arbeitsausbeitung
  • der Ausbeutung bei der Bettelei
  • der Ausbeutung bei der Begehung von Straftaten und
  • der Organentnahme.

 

 

Die Freiheitsstrafe kann sich auf bis zu zehn Jahren erhöhen, wenn Gewalt, Drohung oder List angewandt wird, bzw. die betroffene Person entführt oder sich ihrer bemächtigt wird, ebenso wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt.

 

Aufgrund der besonderen Vulnerabilität von Minderjährigen muss hier keine gesonderte Ausnutzung einer Zwangslage oder Hilflosigkeit nachgewiesen werden.

 

Generell ist bereits der Versuch des Menschenhandels strafbar.

 

Auch wenn das Gesetz explizit die Ausnutzung von Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem anderen Land verbunden ist, erwähnt, kann Menschenhandel auch innerhalb Deutschlands stattfinden, wenn die wesentlichen Aspekte von Zwang, Nötigung und Täuschung gegeben sind. Klientinnen von SOLWODI berichten, dass ihnen Reisepässe und andere Dokumente sowie alles Geld abgenommen wurden, sie wurden erpresst und physisch bedroht. Vielfach werden die Betroffenen isoliert und können kaum Sozialkontakte außerhalb des Milieus aufnehmen, was ihre Vulnerabilität weiter verstärkt.

 

Das Veranlassen und die Ausbeutung selbst sind in den darauffolgenden Paragraphen des StGB geregelt: § 232 a Zwangsprostitution, § 232 b Zwangsarbeit, § 233 Ausbeutung der Arbeitskraft sowie § 233 a Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung.

 

§ 236 StGB führt den Straftatbestand des Kinderhandels aus und § 237 die Zwangsverheiratung. Im Rahmen der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2011/36/EU) wird derzeit diskutiert, illegale Adoption und Zwangsverheiratung in den Straftatbestand des § 232 zu integrieren. Das Bundeslagebild des BKA nimmt bereits Fälle von Zwangsverheiratung mit auf. Allerdings sind die Voraussetzungen für eine Verurteilung nach § 232 strenger als nach § 237, so dass die Gefahr besteht, dass Zwangsverheiratung bei Nichterfüllung der Voraussetzungen von § 232 nicht bestraft wird.

 

Grundsätzlich verlaufen die Grenzen zwischen Menschenhandel und dem darunterliegenden Straftatbestand der Ausbeutung oft fließend. Wie auch der KOK spricht SOLWODI von Menschenhandel in einem weiteren Sinn, der sowohl die Herstellung der Bedingungen der Ausbeutung gemäß § 232 als auch die Ausbeutungssituation selbst umfasst.

 

Schleusung stellt dagegen i.d.R. keine Form des Menschenhandels dar. Bei der Schleusung ist das wesentliche Element der illegale Grenzübertritt, aus dem sich der Gewinn ergibt, während beim Menschenhandel die Ausbeutung der Person im Vordergrund steht. Ein mit dem Menschenhandel verbundenes Überqueren einer Grenze ist nur Mittel zum Zweck. Allerdings können Menschen bei einer Schleusung durchaus in ausbeuterische Situationen gelangen, insbesondere wenn sie Schulden bei den Schleusern nicht bezahlen können.

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