Betroffene von Menschenhandel im deutschen Asylsystem

Wenn Menschen aus ihren Ländern fliehen müssen, birgt dies oft unterschiedliche Gefahren und es gibt einige Gründe, warum gerade diese Personengruppe besonders von Menschenhandel betroffen sein kann. Eine allgemeine prekäre Lebenssituation in vielen Ländern dieser Welt bringt Menschen dazu, dass sie ihre Herkunftsländer verlassen müssen.

Menschen in Kriegs- und Krisengebieten sowie Menschen, die auf der Flucht sind, sind besonders gefährdet Opfer von Gewalt und Ausbeutung zu werden. Ein hohes Risiko bleibt ebenso bei Ankunft im Aufnahmeland bestehen. Faktoren wie schlechte Wohnverhältnisse, eingeschränkte Rechte, nicht funktionierende Unterstützungssysteme und fehlende Informationen und Aufklärung über die eigenen Rechte können das Risiko erhöhen.

 

So befindet die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) das gerade Menschen auf der Flucht besonderen Gefahren ausgesetzt sind: „Mit den immer strikteren Einwanderungs¬Politiken der jüngsten Zeit wurden die Migrationsrouten nun häufig länger, teurer und lebensbedrohlicher. Die Beschränkung der legalen Migrationsmöglichkeiten hat ungewollt Menschenschmugglern wie Menschenhändlern in die Hände gespielt.“

 

Gerade Frauen sind besonders häufig Opfer von Menschenhandel. So sind Dreiviertel (72 %) aller registrierten Opfer von Menschenhandel in der EU weiblich. Menschenhandel ist eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt. Besonders von Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung sind vor allem Frauen betroffen. Es gibt einen bekannten Zusammenhang zwischen dem Unterstützungsbedarf von Opfern und Faktoren wie ihr Geschlecht, die Art der Ausbeutung, die sie durchlebt haben, und ihr Aufenthaltstitel (Richtlinie 2011/36/EU).

 

Hierbei ist aber zwischen Menschenschmuggel und Menschenhandel zu unterscheiden: Menschenschmuggel ist die oft gewollte Verbringung und Hilfe bei Grenzübertritten. Bei Menschenhandel müssen nicht zwingend Grenzen übertreten werden, es kann auch innerhalb Landesgrenzen stattfinden. Der Schleusungsstraftatbestand endet mit der Ankunft am Zielort. Menschenhandel hat immer die Ausbeutung von Menschen zum Ziel.

 

Doch auch die Ankunft an den Zielorten, beispielsweise in den verschiedenen EU Mitgliedstaaten, bedeutet häufig keine Sicherheit für viele Personen: Aufgrund von Sammelunterbringung mit wenig Privatsphäre, der teilweise lange andauernden aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit und der Unkenntnis über Rechte und Bestimmungen vor Ort, sind viele Betroffene den Täuschungen oder Versprechungen von Menschenhändler*innen hier in besonderem Maße ausgeliefert. Aufgrund von negativen Erfahrungen in den Herkunftsländern und während der Flucht, haben viele Opfer kein Vertrauen mehr in staatliche Stellen. Aufgrund der aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit befürchten viele, dass sie abgeschoben werden könnten, wenn sie sich an staatliche Stellen wenden. Nicht zuletzt wird dies vielen Opfern von Menschenhandel teils über Jahre durch Menschenhändler*innen vermittelt. Nicht immer fühlen sich Betroffene von Menschenhandel tatsächlich als Opfer. Teilweise mussten manche Betroffene über längere Zeit erhebliche Menschenrechtsverletzungen erleben und Gewalt erscheint “normal” zu sein. Zudem können manche Opfer aufgrund mehrfach belastender Situationen in den Herkunftsländern, auf der Flucht und auch am Ankunftsort aufgrund von Traumatisierungen und/oder Scham nicht über Erlebtes sprechen und geben sich nicht zu erkennen.

 

Im Folgenden sollen Sie einen Überblick über das Phänomen Menschenhandel und die Schnittstellen zum deutschen Asylverfahren erhalten.