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SOLWODI Aktuell Nr. 136 vom 05.04.2024

 

(Un-)Sichere Migrationswege durch die Sahara

 

 

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,

wann ist eine Route eigentlich ein illegaler Fluchtweg und wann ein legaler Reiseweg? Was hat Deutschland mit den Routen in der Sahara zu tun? Und wie wirkt sich die Entscheidung über Legalität und Illegalität einer Route auf unsere Klientinnen aus Westafrika aus?

 

Über viele Jahrzehnte stellte der Weg von Agadez, der nigrischen Stadt inmitten der Sahara, in Richtung Algerien oder Libyen eine normale Reiseroute dar. Menschen aus den Staaten südlich der Sahara nutzten die Stadt als Dreh- und Angelpunkt auf ihren Reisen in die nordafrikanischen Staaten – zum Arbeiten, aber auch als legale Migrationsroute. Die Wende kam im Jahr 2015, als die nigrische Regierung mit dem sogenannten „Gesetz 36“ Bus- und Taxifahrten von Agadez gen Norden für illegal erklärte. Anbieter solcher Fahrten wurden damit zu „Schleppern“ und „Schmugglern“ und ihre Arbeit unter Strafe gestellt. Doch hinter dieser Gesetzesänderung steckt kein originär eigenes Interesse Nigers, sondern vielmehr Druck aus Europa. Mit mehreren Milliarden, die seit 2015 an die nigrische Regierung gezahlt wurden, finanzierten europäische Staaten, darunter auch Deutschland, Grenzkontrollen, um Menschen an der Migration nach Norden zu hindern.

 

Durch die Kriminalisierung solcher Migrations- und Fluchtrouten werden diese insbesondere für vulnerable Personengruppen wie Frauen und Kinder noch deutlich gefährlicher. Die Anbieter von Taxi- und Busfahrten sind gezwungen, die Hauptstraßen durch die Sahara zu meiden und auf kleine Nebenstrecken auszuweichen. Wenn das Auto dort eine Panne hat oder ein Passagier akut medizinische Versorgung benötigt, ist aufgrund der geringen Frequentierung der abgelegenen Wege nicht mit Hilfe zu rechnen. Auch Überfälle sind dort wahrscheinlicher und treffen wiederum Frauen und Kinder am härtesten.

 

Dass durch solche Regelungen vor allem die Interessen des europäischen Auslands, nicht aber die der einheimischen Bevölkerung in den Blick genommen werden, haben wenige afrikanische Staaten bereits erkannt. Die nigrische Militärjunta schaffte daher 2023 das Gesetz ab und legalisierte damit die Transportunternehmen wieder.

Hein de Haas 2007

Migrationswege in Nord- und Westafrika

nach Hein de Haas 2007

Doch auch wenn Niger nun – in Teilen ­– eine liberalere Migrationspolitik verfolgt, so hat das Vorgehen der Nachbarstaaten auch weiterhin Auswirkungen auf das Transitland in der Mitte der Sahara. So setzt Algerien auf äußerst schreckliche Weise Migrant*innen am sogenannten „Point Zero“ („Ort Null“) mitten in der Sahara an der Grenze zu Niger aus. Darunter sind verletzte und alte Menschen, Frauen, Schwangere und Kinder. Sie müssen von dort bis zum nächstgelegenen Dorf Assamaka über 15 km zu Fuß durch die Wüste zurücklegen. Schon auf dieser Strecke sind sie verschiedenen Gefahren ausgesetzt, angekommen in Assamaka ist die Situation für sie jedoch kaum weniger dramatisch. 

 

Das kleine Dorf ist durch die Vielzahl an Migrant*innen vollkommen überlastet. Zurzeit sind mehr als 7.000 Menschen in Assamaka untergebracht und es fehlt an Nahrung, Unterkunft und medizinischer Versorgung. Auch kommt es zu Problemen zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Migrant:innen aufgrund von Ausgrenzung und Stigmatisierung.

 

Für Frauen und Kinder ist das Risiko von Gewalt und sexualisierten Übergriffen in Assamaka, aber auch auf dem Weg durch die Wüste immens, wie die Organisation Alarme Phone Sahara (APS) bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit SOLWODI Regensburg im März berichtete. Die Mitarbeitenden der NGO sind in der Sahara-Sahel-Zone unterwegs, um Menschen zu helfen, die von nigrischen Nachbarstaaten abgeschoben und dazu in der Wüste ausgesetzt wurden. 

 

Gemeinsam mit Alarme Phone Sahara erheben wir unsere Stimme gegen eine menschenverachtende Migrationspolitik in afrikanischen Staaten, die durch Europa mit Absicht befördert und gezielt finanziert wird. 

 

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Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Maria Decker, Barbara Wellner und Sr. Paula Fiebag

 

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