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Offener Brief an das Deutsche Institut für Menschenrechte

20. 11. 2019

Offener Brief zu:
Ihrer Stellungnahme „Prostitution und Sexkaufverbot“

 

Sehr geehrte Frau Rabe,
mit Empörung las ich Ihren Bericht „Prostitution und Sexkaufverbot“.
Mit solchen Bestrebungen verdient Ihr Haus nicht länger den Titel: „Deutsches Institut für Menschenrechte“. Ich beabsichtige deshalb, meine Mitgliedschaft bei Ihnen zu kündigen.
Vom Deutschen Institut für Menschenrechte erwarte ich, dass es in seinen Berichten und Stellungnahmen Menschenrechtsverletzungen klar beim Namen benennt. Prostitution ist eine Menschenrechtsverletzung: Frauen werden gekauft und zur Ware de-gradiert. Unsere aktuelle Gesetzgebung im Bereich Prostitution respektiert die Wür-de der betroffenen Frauen nicht, die sie laut Art. 1 des Grundgesetzes haben und die unantastbar ist.
Ihre Einschätzung, Prostitution sei vielmehr eine „vom Recht zu respektierende autonome Entscheidung erwachsener Menschen“, ist realitätsfern und geradezu zynisch. Wie viele Frauen treffen die Entscheidung, in die Prostitution zu gehen, Ihrer Einschätzung nach autonom und welche Kriterien legen Sie dabei an?
Sie verweisen auf Studien, die belegen sollen, dass ein Sexkaufverbot nicht zum Rückgang des Menschenhandels führe, lediglich die Straßenprostitution verringere bzw. die Prostitution in andere Bereiche verlagere. Mit diesen Studien setzen Sie sich nicht auseinander, sondern zitieren lediglich Behauptungen.
SOLWODI hat vom 2.-5. April 2019 in Mainz den „3. Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen“ durchgeführt. Einer unserer dortigen Key-Speaker war Per-Anders Sunesson, schwedischer Botschafter für die Bekämpfung des Menschenhandels. Er hat in seinem Vortrag auf die Interpol-Berichte verwiesen, die klar bestätigen, dass der schwedische Prostitutionsmarkt durch die Fokussierung auf die Käuferseite und das gesellschaftliche Umdenken nahezu tot ist. Denn die gesunkene Nachfrage hat in Schweden, wo ein Sexkaufverbot seit 1999 gesetzlich verankert ist, den Markt für Menschenhändler unattraktiv werden lassen.
Sie führen in Ihrem Bericht weiter aus, ein Sexkaufverbot wäre die Abkehr zur derzeitigen deutschen Gesetzeslage, „die die Prostitution entkriminalisiert und reguliert hat und Gewalt und Ausbeutung strafrechtlich verfolgt.“
Die Realität sieht anders aus: In Deutschland hat die Legalisierung der Prostitution 2002 den Handel mit Frauen zur sexuellen Ausbeutung gefördert, Deutschland zum Bordell Europas werden lassen. Das Prostitutionsgesetz von 2002 schützt somit nicht die Frauen, sondern die Freier und schafft den Zuhältern neue Verdienstmöglichkeiten. Wie sie selbst ausführen, ist der eigentlich beabsichtige Zweck, Frauen einen Zugang zur Sozialversicherung zu verschaffen, nicht ansatzweise erreicht worden, wie die von Ihnen zitierten Zahlen belegen.
Auch mit der Nachjustizierung durch das ProstSCHG haben sich die Rechte der Frauen nicht verbessert. Die geringen Anmeldezahlen der Frauen hängen nicht nur, wie Sie annehmen, mit noch nicht vorhandenen Verwaltungsstrukturen zusammen: Vielmehr kennen, insbesondere ausländische Frauen, dieses Gesetz nicht, sind überfordert oder befürchten Repressalien von Seiten der Finanzbehörden. Andere Paragraphen des Gesetzes, wie etwa die Kondompflicht oder die Zuverlässigkeitsprüfung des Betreibers, sind Makulatur, in der Praxis leicht zu umgehen.
Menschenrechte zu vertreten, bedeutet für SOLWODI:

  • Die Vulnerabelsten einer Gesellschaft zu schützen,
  • Gewalt nicht als allgemeines Berufsrisiko der Prostitution zu sehen,
  • Männer kein falsches Recht auf Sex zuzugestehen,
  • Frauen nicht zur Ware werden zu lassen.

Solange Deutschland das Sexkaufverbot nicht einführt, sind Menschenrechte in unserer Gesellschaft nicht vollumfänglich verwirklicht. Es wäre dringlichste Aufgabe des Deutschen Institutes für Menschenrechte daran mitzuwirken.
Mit freundlichem Gruß
Sr. Dr. Lea Ackermann
Gründerin und 1. Vorsitzende SOLWODI Deutschland e.V.

 

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Chronik_SOLWODI

30 Jahre SOLWODI Deutschland 1987 bis 2017 -

30 Jahre Solidarität mit Frauen in Not in Deutschland

 

Autorinnen: Sr. Dr. Lea Ackermann / Dr. Barbara Koelges / Sr. Annemarie Pitzl

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