Der 3. Weltkongress aus Sicht einer Praktikantin

30. 04. 2019

Was ist Prostitution und warum gibt es sie immer noch?

Auf die Frage „Was ist Prostitution?“ bekommt man viele verschiedene Antworten: „Prostitution ist eine sexuelle Dienstleistung; ein Beruf wie jeder andere“ oder „es ist ein ganz normales Geschäft, bei dem eine Frau eine Leistung gegen Geld erbringt“, würden vielleicht einige sagen. Sofort würden andere einwerfen: „bei Prostitution geht es nur um Macht; das hat nichts mit einer Dienstleistung zu tun“, „Prostitution ist staatlich tolerierter sexueller Missbrauch“ oder „Prostitution ist intime Selbstausbeutung“.

 

Beim 3. Weltkongress gegen die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen wurde dieses Thema viel diskutiert. Über 350 Menschen verschiedenster Länder trafen sich zu diesem Zweck in Mainz – eine davon war ich, Praktikantin bei SOLWODI Passau. Die beiden Kongresstage waren für mich sehr spannend und ich bin dankbar, dass ich teilnehmen durfte. Ich verließ Mainz mit dem guten Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein.

 

Besonders die Vorstellung und Unterzeichnung der Mainzer Erklärung war sehr eindrucksvoll. Neben Alice Schwarzers Eröffnungsrede blieb mir auch noch der Vortrag von Sandra Norak, einer Überlebenden der Loverboy-Methode, im Gedächtnis. Als ich diese junge Frau sah, wie sie da so selbstbewusst auf der Bühne stand und von ihrem Schicksal und ihren eigenen Erfahrungen sprach, war ich beeindruckt. Sie schlug auch allen Prostitutions-Befürwortern vor, sich doch einmal zu trauen, einer Prostituierten in die Augen zu schauen.

 

Durch die Teilnahme am Kongress bekam ich eine neue Sichtweise von außen über gewisse Themen, mit denen ich beinahe täglich in meinem Praktikum zu tun habe. Vor allem der psychischen und physischen Spuren, die Prostitution bei den Frauen hinterlässt, bin ich mir jetzt mehr bewusst. Ich bin mir mittlerweile auch wirklich sicher, dass es so etwas wie völlig freiwillige Prostitution schlicht und einfach nicht geben kann. Es muss immer eine Art von Zwang, sei es eine finanzielle oder familiäre Notlage oder gar Menschenhandel, gegeben sein, der die Frauen in die Prostitution treibt. Nach den Vorträgen von Vertretern aus verschiedenen Ländern wie Frankreich, Litauen und Schweden, in denen das nordische Modell bereits seit Jahren den Kauf von Sex kriminalisiert, bin ich überzeugt, dass es auch in Deutschland eingeführt werden muss!

 

Kurz zu mir: Mein Name ist Anna R. und habe im März meinen Bachelor in Dolmetschen und Übersetzen (Englisch und Arabisch) abgeschlossen. Weil ich mich aber schon im Laufe dieses Studiums mehr und mehr für Menschenrechte interessiert habe, möchte ich nun auch einen Master in diesem Bereich machen. Momentan absolviere ich zu diesem Zweck ein Praktikum bei SOLWODI Passau, in dem ich meine Kenntnisse vielseitig einbringen kann und auch einiges dazu lerne. Ich freue mich, dass ich dadurch einen richtigen Einblick in die Arbeit in einer Organisation für Menschen- und insbesondere für Frauenrechte bekomme.