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Pressemitteilung: SOLWODI fordert Abschaffung der „Duldung Light“

15. 06. 2022

Koblenz. Am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag – in diesem Jahr mit dem Schwerpunkt „Recht auf Schutz“. In der Praxis zeigen sich jedoch Problemstellungen auf und das Recht auf Schutz kann noch längst nicht garantiert werden. Die Frauenrechtsorganisation SOLWODI beobachtet den Umgang mit der sogenannten „Duldung Light“ in vielen Ausländerbehörden seit längerer Zeit mit Argwohn. Die Ampel-Koalition wollte diese zwar abschaffen, dennoch stellen viele Ausländerbehörden sie weiterhin aus und halten an ihrem konservativen Kurs fest.

 

Die "Duldung für Personen mit ungeklärter Identität" nach §60b des Aufenthaltsgesetz (AufenthG), wie sie offiziell heißt, ist ein Sonderfall der "normalen" Duldung nach §60a, hat aber besonders negative Auswirkungen für die Betroffenen. Normalerweise wird Personen, deren Asylverfahren negativ abgeschlossen ist, die aber Deutschland nicht verlassen können, z.B. weil sie keinen Pass haben, eine Duldung ausgestellt. Dieses Ausweispapier begründet kein Aufenthaltsrecht und lässt damit die Menschen in einem Schwebezustand. Insbesondere für traumatisierte Frauen, die oft Klientinnen von SOLWODI sind, eine nur schwer ertragbare Situation. Einziger Trost: Es gibt Wege aus der Duldung in einen regulären Aufenthalt, z.B. über gute Integration oder Ausbildung. Diese Wege sind Betroffenen einer „Duldung Light“ versperrt – egal wie gut die Integration, mit einer „Duldung Light“ darf weder eine Ausbildung begonnen, noch einer Arbeit nachgegangen werden. Auch finanzielle Kürzungen sind vom (ohnehin schon sehr knapp bemessenen) Existenzminimum für Asylbewerbende möglich – ein Zustand, der laut vielen Rechtsexpertinnen und -experten sogar „verfassungswidrig“ ist.

 

Die Beratungsstelle von SOLWODI in München stellt in letzter Zeit vermehrt fest, dass Frauen, die nicht aktiv an der eigenen Abschiebung in Länder wie Nigeria oder Sierra Leone mitarbeiten, mit der Begründung einer „mangelnden Mitwirkung“ Duldungen nach §60b AufenthG ausgestellt werden. Viele alleinstehende Frauen und Kinder sind von dieser gängigen Praxis betroffen. „Dabei bemerken wir häufig, dass die Frauen weder wissen, dass sie überhaupt Inhaberin einer ‚Duldung Light‘ sind, noch dass sie angemessen über die Folgen dieses Papiers aufgeklärt wurden. Schlimmer noch: Niemand hat ihnen erklärt, was sie tun können, um zurück zu einer ‚normalen‘ Duldung zu wechseln. Häufig wird ihnen lediglich gesagt, sie müssen ihre Nationalpässe vorlegen, aber nicht warum. Das macht den Menschen Angst“, so die Sozialarbeiterinnen vor Ort.

 

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung steht ganz unmissverständlich: „Die ‚Duldung light‘ schaffen wir ab.“ Anscheinend hat auch die neue Regierung die Grausamkeit dieser Maßnahme sowie die Notwendigkeit einer Veränderung erkannt. Nichtsdestotrotz ist die „Duldung Light“ nach wie vor Teil des Gesetzes und wird weiterhin von vielen Ausländerbehörden ausgestellt. Einige gehen zumindest auf die Sozialarbeiterinnen ein, wenn diese die Frauen dabei unterstützen, ihre Bemühungen nachzuweisen, die geforderten Dokumente zu beschaffen und stellen dann manchmal reguläre Duldungen aus. Viele ignorieren jedoch auch die Versuche der SOLWODI Mitarbeiterinnen, beharren auf ihren Entscheidungen und verbauen den Frauen so jede rechtliche Möglichkeit zu partizipieren. SOLWODI fordert daher die sofortige Abschaffung der „Duldung Light“.

 

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: 

Kathrin Wagner, M.A.

SOLWODI Deutschland e.V.

Viktoriastraße 32-36, 56068 Koblenz

 

Bücher

Chronik_SOLWODI

30 Jahre SOLWODI Deutschland 1987 bis 2017 -

30 Jahre Solidarität mit Frauen in Not in Deutschland

 

Autorinnen: Sr. Dr. Lea Ackermann / Dr. Barbara Koelges / Sr. Annemarie Pitzl

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