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SOLWODI Deutschland: „Humanität im Kirchenasyl ist keine Straftat“ Frauenhilfsorganisation kritisiert Verurteilung von Sr. Juliana Seelmann

08. 06. 2021

Boppard. Wegen Gewährung von Kirchenasyl im Kloster der Oberzeller Franziskanerinnen musste sich die Ordensfrau vergangene Woche vor dem Amtsgericht Würzburg verantworten. Obwohl sie betonte, ihr Orden nehme nur absolute Härtefälle nach sorgfältiger Einzelfallprüfung auf und sie sich auf die im Grundgesetz verankerte Glaubens- und Gewissensfreiheit berief, wurde sie am Ende zu zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt.   

  

Die beiden Nigerianerinnen, denen Kirchenasyl gewährt wurde, waren zuvor Klientinnen der Frauenhilfsorganisation SOLWODI. Den Frauen drohte die Abschiebung nach Italien und dort die erneute Zwangsprostitution. Einer der Fälle wurde vorläufig eingestellt. Dort ist unklar, ob die Fristverlängerung zur Überstellung den italienischen Behörden mitgeteilt wurde. Wäre dies nicht der Fall, wäre Deutschland für das Asylverfahren zuständig und das Kirchenasyl überflüssig gewesen.

 

Nicht nur die unklaren Abläufe im Verwaltungsverfahren wurden Sr. Juliana Seelmann zum Verhängnis. Auch die Rechtsprechung zum Kirchenasyl ist nicht einheitlich: Noch Ende April hatte das Amtsgericht Kitzingen den Benediktinermönch Abraham Sauer wegen des gleichen Vorwurfs freigesprochen. Laut bayerischem Justizministerium wurden im vergangenen Jahr 27 Verfahren wegen Kirchenasyl im Freistaat eingeleitet. 

 

Dr. Maria Decker, 1. Vorsitzende von SOLWODI Deutschland e.V.: „Die Prozesse zeigen, dass die restriktive Entscheidungspraxis in unseren Asylverfahren dringend auf dem Prüfstand muss. Es kann nicht sein, dass Ordensleute und Kirchenvertreter*innen, die – nach sorgfältiger Abwägung und Einzelfallprüfung – aus Glaubens- und Gewissensgründen Personen vor einem menschenunwürdigen Leben bewahren wollen, am Ende wie Straftäter be- und verurteilt werden. Beim Kirchenasyl geht es nicht um Gefälligkeiten aus Gutmütigkeit, sondern um den Schutz der Menschenrechte. Diese zu wahren, muss weiterhin in einem Rechtsstaat möglich sein.“       

 

SOLWODI kritisiert außerdem die in einigen Bundesländern wie z.B. Bayern zunehmend restriktive Haltung, wenn es um die Anerkennung der Asylanträge gewaltbetroffener Frauen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geht. Auch die 2015 zwischen den Kirchen und dem BAMF getroffene Vereinbarung, die den Umgang mit dem Kirchenasyl regelt, wird in der Praxis immer einschränkender gehandhabt: Anfangs nahm das BAMF rund 90 Prozent der Bescheide nach einer Prüfung zurück, zuletzt gerade noch drei Prozent. 

 

Ein großer Teil der Klientinnen, die deutschlandweit bei SOLWODI in 19 Fachberatungsstellen und in sieben Schutzhäusern Hilfe und Zuflucht suchen, kommt aus Nigeria. Diese Frauen sind erst in Italien, später oftmals auch in Deutschland, in die Prostitution gezwungen worden. Müssen sie nach Italien zurück, werden sie dort von den Menschenhändler*innen und ihren Gefolgsleuten leicht wiedergefunden und ihr Martyrium beginnt von vorne. Manchen droht in Italien gar die Obdachlosigkeit.

 

Dr. Decker: „Asylrecht ist ein hohes Gut. Damit es nicht verwässert, muss weiter gewährleistet sein, dass in jedem Einzelfall eine sorgfältige und umfangreiche Prüfung eines Asylantrags erfolgt und Opfer von Menschenhandel ein Bleiberecht erhalten. Bei einer Abschiebung oder Rückführung in das EU-Ersteinreiseland können keine anderen Maßstäbe gelten. Auch hier muss individuell geprüft werden, ob und gegegenfalls welche Hilfen den Frauen tatsächlich am Zielort gewährt werden.“ 

 

Bei Rückfragen wenden Sie sich an: 

 

Ass. iur. Ruth Müller

Pressereferentin SOLWODI Deutschland e.V.

Propsteistr. 2

56154 Boppard

Tel.: 06741-2232

 

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Chronik_SOLWODI

30 Jahre SOLWODI Deutschland 1987 bis 2017 -

30 Jahre Solidarität mit Frauen in Not in Deutschland

 

Autorinnen: Sr. Dr. Lea Ackermann / Dr. Barbara Koelges / Sr. Annemarie Pitzl

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