Über 1.000 Euro für einen Krankenhausbesuch – so sieht die Realität in der Prostitution aus
Über 1.000 Euro für einen Krankenhausbesuch – so sieht die Realität in der Prostitution aus
SOLWODI fordert zum Tag gegen Prostitution: Rechte stärken, Ausstieg ermöglichen, Ausbeutung stoppen
Koblenz, 01. Oktober 2025 – Die Erfahrungen der Frauenrechtsorganisation SOLWODI zeichnen ein klares Bild: Die Realität der Prostitution in Deutschland ist vielfach geprägt von Ausbeutung, Angst und fehlenden Auswegen. Zum Tag gegen Prostitution am 5. Oktober geben die deutschlandweit verteilten Fachberatungsstellen von SOLWODI einen Einblick in den Alltag hinter verschlossenen Türen – dorthin, wo Frauen kaum Rechte, aber häufig viele Schulden haben.
Die große Mehrheit der Frauen, mit denen SOLWODI in Kontakt kommt, besitzt nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Viele sprechen nur wenig Deutsch, sind nicht offiziell angemeldet – obwohl das Prostituiertenschutzgesetz dies vorschreibt. Außerdem ist SOLWODI immer wieder mit Frauen in Kontakt, die nicht krankenversichert sind.
Diese strukturellen Hürden führen dazu, dass dringend benötigte medizinische Versorgung oft nicht in Anspruch genommen wird. Sprachbarrieren, Angst, mangelndes Wissen oder fehlendes Geld verhindern Arztbesuche. Hier setzt die Arbeit von SOLWODI konkret an: Sie vermitteln an Gynäkologinnen mit passenden Sprachkenntnissen, klären über Kosten auf und begleiten auch in akuten Notfällen. So etwa bei einer Klientin, die nach einem Krankenhausaufenthalt mit einer Rechnung über 1.000 Euro konfrontiert war. Derartige Schulden verstärken den Zwang, sich weiter gegen Geld zu prostituieren, um das Geld „abzuarbeiten“. Die Not, Schulden begleichen zu müssen, führt schnell zu einem Teufelskreis, der es den Frauen noch schwerer macht, einen Weg aus der Prostitution zu finden. Ein erstes Ziel in der Beratung ist es daher meist, den Frauen Zugang zu einer Krankenversicherung zu ermöglichen.
Beratung bedeutet darüber hinaus in der Realität vor allem eines: Beziehungsarbeit. „Es braucht Zeit, Vertrauen und Nähe, bis eine Frau sich öffnet. Es dauert lange, bis sie über Gewalterfahrungen spricht oder etwa den Wunsch äußert, auszusteigen. Wir erinnern die Frauen dabei immer wieder an das, was im Alltag der Prostitution oft verloren geht: Du musst dir nicht alles gefallen lassen. Du hast ein Recht auf ein Leben in Würde und Freiheit“, so eine Mitarbeiterin der SOLWODI-Fachberatungsstelle in Augsburg.
Wenn der Wille zum Ausstieg da ist, unterstützt SOLWODI mit Perspektivberatung, Schulungen und praktischer Hilfe.
Die Forderung zum 5. Oktober ist eindeutig: Prostitution ist kein „Beruf wie jeder andere“. Die Erfahrungen aus der täglichen Arbeit zeigen, wie eng die Handlungsspielräume vieler Frauen sind – und wie dringend politische Veränderungen nötig sind.
Deshalb unterstützt SOLWODI die Einführung des „Nordischen Modells“, das Freierbestrafung mit umfassender Ausstiegshilfe bei gleichzeitiger Straffreiheit für Betroffene kombiniert. Nur so können echte Alternativen geschaffen und Frauen langfristig vor Ausbeutung geschützt werden.
Bild zur Meldung: Informationen anlässlich des Tages gegen Prostitution am 5. Oktober von SOLWODI






